LiquidFeedback wurde ab September 2009 von Jan Behrens, Axel Kistner, Andreas Nitsche und Björn Swierczek entwickelt. Die erste Version des Backends wurde im Oktober 2009, ein erstes voll funktionsfähiges Frontend im November 2009 von der Public Software Group unter der liberalen MIT/X11-Lizenz veröffentlicht. Damit stand die Software allen interessierten Organisationen zunächst in englischer und deutscher Sprache zur Verfügung.
Erster Anwender war ab Januar 2010 die Piratenpartei Deutschland Berlin zur Vorbereitung einer Landesmitgliederversammlung. In dieser Zeit erarbeitete der Landesverband mit Hilfe von LiquidFeedback eine neue Satzung. Nach der Landesmitgliederversammlung ging LiquidFeedback in den Regelbetrieb und wurde für Beschlussempfehlungen der Mitglieder an den Landesvorstand genutzt. Weitere Landesverbände schlossen sich an. In diesem Zusammenhang wurden Organisationseinheiten in LiquidFeedback eingeführt, um Gliederungen und Gremien einer Organisation abbilden zu können. Die Bundespartei nutzte LiquidFeedback ab August 2010 zur inhaltlichen Vorbereitung eines Bundesparteitages im November 2010. Vier Jahre später ergänzte die Piratenpartei Deutschland Berlin ihre Satzung: Eine mit LiquidFeedback durchgeführte “Ständige Mitgliederversammlung” erhielt Organstatus.
Im Juni 2010 gründeten die Entwickler von LiquidFeedback den Verein Interaktive Demokratie e.V., eine unabhängige und überparteiliche Forschungseinrichtung. Der Verein arbeitet mit Forschenden aus verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen wie Informatik, Mathematik, Medienwissenschaft, Philosophie, Psychologie und Soziologie zusammen. Der Verein fördert Wissenschaft, Bildung und Entwicklungszusammenarbeit und arbeitet dabei mit zwischenstaatlichen Organisationen, staatlichen Organisationen, Gebietskörperschaften, Universitäten und Stiftungen zusammen.
Interaktive Demokratie dient der Forschung und wissenschaftlichen Zusammenarbeit im Bereich der digitalen Demokratie. LiquidFeedback wird weiterhin von der Public Software Group herausgegeben. Kommerzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit LiquidFeedback werden von der FlexiGuided GmbH erbracht.
Im September 2011 erhielt LiquidFeedback den SuMa Award des SuMa e.V. - Verein für freien Wissenszugang. Die Preisverleihung fand in der Vertretung des Landes Niedersachsen beim Bund in Berlin statt. Die Laudatio hielt Prof. Walther Umstätter.
Ab Januar 2012 setzte die Synaxon AG als erster Anwender LiquidFeedback für interne Unternehmensentscheidungen unter Einbeziehung der gesamten Belegschaft ein. Ab März 2012 nutzte Slow Food Deutschland LiquidFeedback für die Erarbeitung einer neuen Satzung.
Im Juni 2012 veröffentlichte die Public Software Group mit der Version 2.0 eine gänzlich überarbeitete Benutzeroberfläche. Die Version wurde der Öffentlichkeit in der Veranstaltung “LiquidFeedback 2.0 - We Proceeded On” vorgestellt.
Im August 2012 war Kurtis Hanna aus Minneapolis, republikanischer Kandidat für das Minnesota House of Representatives im Distrikt 62a, der erste Einzelbewerber, der eine LiquidFeedback-Plattform für seinen Wahlkreis zur Verfügung stellte.
Die erste Anwendung von LiquidFeedback im Bereich der Bürgerbeteiligung erfolgte ab September 2012 im Landkreis Friesland. Auf Anregung des Landkreises, wurden (ergänzend zum normalen bottom-up Antragsentwicklungsprozess) Verwaltungsverfahren eingeführt, die es ermöglichen, die Meinung von Bürgern zu bestehenden Vorlagen des Kreistags einzuholen. Weitere Städte und Landkreise folgten dem Beispiel des Landkreises Friesland.
Im März 2013 wurden mit “Harmonic Weighting” und “Instant Runoff” Algorithmen hinzugefügt, die eine angemessene Darstellung von Minderheitenpositionen sicherstellen sollen.
Im November 2013 wurde das LiquidFeedback-Projekt erstmals im Globalen Süden aktiv. Zusammen mit International IDEA nahm Interaktive Demokratie an einem einwöchigen Workshop zum Thema “Political Parties and the Citizens” in Yangon, Myanmar, teil. Ebenfalls beteiligt waren die Asia-Europe Foundation in Singapur und die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung in München.
Im Januar 2014 veranstaltete das Netherlands Institute for Multiparty Democracy (NIMD) die internationale Vorstellung des Buches "The Principles of LiquidFeedback" in Den Haag, Niederlande. In dem Buch werden die Algorithmen zur Präferenzaggregation und das Prozessdesign von LiquidFeedback im Detail beschrieben. An der Buchvorstellung nahmen Vertreter niederländischer politischer Parteien und Ministerien teil. Im Namen der Autoren überreichte Axel Kistner das erste Exemplar des Buches an Ingrid van Engelshoven, stellvertretende Bürgermeisterin und Beigeordnete für Bildung und öffentliche Dienste von Den Haag. Bei einer zweiten Veranstaltung in Berlin wurde das Buch der deutschen Öffentlichkeit vorgestellt. Zeitgleich mit dem Buch wurde die Version 3.0 von LiquidFeedback mit einer neu gestalteten Benutzeroberfläche veröffentlicht.
Seit März 2014 gibt der Interaktive Demokratie e. V. das “The Liquid Democracy Journal on electronic participation, collective moderation, and voting systems” heraus.
Seit Juli 2014 unterstützt LiquidFeedback LDAP basierte Mitgliederauthentifizierung.
Auf Einladung des United Nations Development Programme (UNDP) nahm das LiquidFeedback Projekt im Oktober 2014 an der Konferenz “Technology & Strengthening Democracy” in Islamabad, Pakistan teil.
Im November des gleichen Jahres führte der Interaktive Demokratie e. V. gemeinsam NIMD und in Kooperation mit dem Botschafter des Königreichs der Niederlande in Georgien und Armenien einen Workshop “LiquidFeedback for Georgian Political Parties” in Tbilisi, Georgien durch.
Im August 2015 nahm Interaktive Demokratie e. V. auf Einladung des Büros des Hohen Beauftragten für Frieden bei der kolumbianischen Regierung an der Veranstaltung "Conectados por la Paz" in Bogotá, Kolumbien, teil, die sich mit den notwendigen Inklusionsprozessen bei der Umsetzung der Vereinbarungen zur Beilegung des bewaffneten Binnenkonflikts befasste.
Unter dem Titel „Wenn Wasser zum neuen Öl wird. Wie die Schweiz die Konflikte der Zukunft meistert.“ diskutierte das Gottlieb Duttweiler Institut in Rüschlikon/Zürich ab Oktober 2015 mit Vertretern der schweizer Wasserwirtschaft Extrem-Szenarien für die Organisation der Wasserwirtschaft. LiquidFeedback wurde eingesetzt, um Vor- und Nachteile einzelner Szenarien zu diskutieren, zu kommentieren und zu bewerten.
Ab der im Dezember 2015 veröffentlichten Version 3.1 unterstützt LiquidFeedback die demokratische Software- und Produktentwicklung durch eine Schnittstelle zur Verbindung von LiquidFeedback mit Versionskontrollsystemen wie z. B. Git oder Mercurial.
Von 2016 bis 2021 nahm das LiquidFeedback Projekt an den EU-Projekten WeGovNow und CO3 teil. In dieser Zeit entstand LiquidFeedback 4.0 mit einer auf Material Design beruhenden Benutzeroberfläche. LiquidFeedback erhielt unter anderem OAuth2.0 Client- und Serverfunktionalität, eine Selbstregistrierungs- und Benutzerakkreditierungskomponente, geospatiale Erweiterungen, variables Stimmrecht für die Abbildung von Eigentumsanteilen an Unternehmen, Stimmrecht auf Basis von Blockchain-Tokens und ein Integrations-Framework für die nahtlose Integration mit Drittanwendungen. LiquidFeedback steht seither in deutscher, englischer, französischer, georgischer, griechischer und spanischer Sprache zur Verfügung.
Im Rahmen der genannten EU-Projekte kam LiquidFeedback in Athen, London, Paris, Turin und San Donà di Piave in der Metropolstadt Venedig zum Einsatz.
Im Juli 2018 veröffentlichte das Liquid Democracy Journal die Konzeption für ein dezentrales LiquidFeedback sowie einen Prototyp der LiquidFeedback-Blockchain.
Im Mai 2021 erschien “Los Principios de LiquidFeedback”, die spanischsprachige (Lateinamerika) Ausgabe von “The Principles of LiquidFeedback” auf Initiative von Pedro Javier Etchegaray und Sergio Damián Schreyer aus Buenos Aires, Argentinien.
Im Mai und Juni 2021 entstanden in Kooperation zwischen dem KIT Karlsruher Institut für Technologie, Institut für Technikzukünfte und Interaktive Demokratie e. V. ein Lehrvideo zu Liquid Democracy, das auch auf die Implementation und Nutzung transitiver Delegationen in LiquidFeedback eingeht, sowie ein Lehrvideo zu den Ursprüngen der Liquid Democracy.
Im Juli 2021 veröffentlichte der Interaktive Demokratie e. V. den Film “Liquid Democracy—A Transatlantic Affair” – ein Gespräch von Wissenschaftlern aus Europa, Israel und den Vereinigten Staaten über das Potential der Liquid Democracy.
Im gleichen Zeitraum hielt der Interaktive Demokratie e. V. Vorträge an verschiedenen Universitäten, so zum Beispiel im Juni 2016 “Computational Social Choice” an der Universität Toulouse, Frankreich, im November 2016 “The Future of Democracy” an der Universität Bologna, Italien, im Juli 2017 “Digital Democracy” am King's College London, UK, im Juni 2019 “Mathematics for Social Activism”, University of Leeds, UK und im Dezember 2021 “Liquid Democracy, Algorithms, and the Temporal Dimension”, Mechanism Design for Social Good, Carnegie Mellon University und Harvard University.
Der Informatiker und LiquidFeedback-Mitbegründer Andreas Nitsche weilte 2022 zu einem Forschungsaufenthalt am Thomas Mann House in Los Angeles. Das Thomas Mann House ist ein Residenzhaus und ein transatlantischer Debattenort im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland. In Los Angeles ging Andreas Nitsche der Frage nach, wie in einer polarisierten Gesellschaft erreicht werden kann, dass Argumente auch von vermeintlich antagonistischen Gruppen rezipiert werden. Weitere Aspekte des Fellowships waren indigene Beiträge zur Demokratie und die gerechte Ausgestaltung von Beteiligungsprozessen im Hinblick auf historisch ausgegrenzte ethnische Gruppen (racial equity). Er arbeitete mit Wissenschaftlern verschiedener Universitäten, darunter Arizona State University, Harvard University, Massachusetts Institute of Technology, Princeton University, Stanford University, University of California Los Angeles, University of Southern California und mit Vertretern der Zivilgesellschaft.
Im Oktober 2022 trafen sich Wissenschaftler von beiden Seiten des Atlantiks im Lorentz Center in Leiden, Niederlande zu einem einwöchigen Workshop, um über digitale Demokratie, soziale Netzwerke, algorithmische Fairness, sozialen Einfluss, Argumentation und kollektive Intelligenz zu diskutieren. Die wissenschaftlichen Organisatoren des Lorentz-Workshops "Algorithmic Technology for Democracy" waren Prof. Davide Grossi (Universitäten Groningen und Amsterdam), Prof. Ulrike Hahn (Birkbeck College London), Prof. Michael Mäs (Karlsruher Institut für Technologie) und Andreas Nitsche (Interaktive Demokratie e. V.).
Gemeinsam mit der RAND Corporation organisierte der Interaktive Demokratie e. V. im April 2023 die Veranstaltung “National Coalition for Equity Impact (NCEI) Summit #2: Innovations in Equity — Contextualizing U.S. and International Perspectives” in Santa Monica, Kalifornien. Bei der Veranstaltung in der Residenz des deutschen Generalkonsuls in Los Angeles diskutierten Ulrike Hahn, Michael Mäs und Andreas Nitsche über deutsche und europäische Erfahrungen und Perspektiven. Die Erfahrungen des LiquidFeedback-Projekts mit der Durchführung einer gleichberechtigten und von gegenseitigem Respekt geprägten Deliberation für eine prinzipiell unbegrenzte Anzahl von Personen waren für die amerikanischen Gesprächspartner von besonderem Interesse.
Im Mai 2023 nahm Interaktive Demokratie e. V. am NCEI Summit #3 in Los Angeles teil, einer Veranstaltung der RAND Corporation in Zusammenarbeit mit dem finnischen und deutschen Generalkonsulat. In einem Gespräch mit den fachlich zuständigen stellvertretenden Bürgermeisterinnen von Los Angeles und Helsink, informierte Andreas Nitsche unter anderem über den Einsatz von LiquidFeedback für die Bürgerkonsultation zu Klimawandel und Dekarbonisierung in der englischen Grafschaft Yorkshire.